<<< vorhergehende Seite

Berti Botts Bohnen

Name eingeben

Bertis Geschichte

Hanna saß auf der Schaukel der Veranda ihres Elternhaus und schwenkte vor sich hin. Neben ihr lag ihre Sammlung der Schokofroschkarten. Sie hatte reichlich davon - wenn man es genau nehmen will waren es fünfhundertsiebenundzwanzig. Hanna wollte sie nun endlich katalogisieren und in dem extra dafür gebastelten Album einkleben. "Aber wie genau soll ich sie sortieren?" fragte Hanna sich. "Nach Farben? Oder doch lieber alphabetisch?" Hanna überlegte hin und her. Zunächst legte sie alle Karten die eher gelb waren zu der einen Seite, die eher roten zu der anderen. Als sie sich daran begab die blauen Karten herauszusuchen, stellte sie fest, dass in dem Stapel der gelben Karten verdächtig viel rot war. Sie schlug die flache Hand an ihre Stirn: "Natürlich! Nach Farbe sortieren ist unsinnig!", rief sie. Schließlich änderten sich die Farben der Karten, da die berühmten Hexen und Zauberer ja nicht ständig darin zu sehen waren. Gut, das ist also nicht das ideale System. Aber die Karten alphabetisch einzukleben war so langweilig. "Jetzt weiß ich es", dachte sie und über ihr Gesicht zog ein Strahlen. "Wieso bin ich nicht sofort darauf gekommen - ich sortiere es nach Wichtigkeit der abgebildeten Hexen und Zauberer." Also machte sie sich daran die wichtigsten Karten herauszusuchen und auf einen ersten Stapel zu legen.
Berti Botts Bohnen Nach einiger Zeit des Sortierens fiel ihr die Karte mit Berti Bott in die Hände. Berti war gerade in seinem Bild und zwinkerte Hanna schelmisch zu. "Och, Berti Bott", murmelte Hanna und legte die Karte auf den Stapel der unwichtigen Karten. So entging ihr der enttäuschte Gesichtsausdruck von Berti Bott.
Bald hatte Hanna die, ihrer Meinung nach, wichtigsten Karten eingeklebt. Auf der ersten Innenseite konnte man Merlin sehen, gefolgt von Albus Dumbledore und vielen weiteren Zauberern. So kam sie also zu den unwichtigen Zauberern und nahm Bertis Karte wieder zur Hand. "Irgendwie sieht er jetzt anders aus als vorhin", murmelte Hanna. "Warum nur?"
Überrascht ließ Hanna die Karte fallen, als diese ihr antwortete: "Warum fragst du?", ertönte da eine Stimme. "Du weißt wirklich nicht, warum ich jetzt anders aussehe als vorhin? Ich kann es dir sagen: Mein Leben lang habe ich ständig gehört, dass ich zu nichts nutze bin, ein Hallodri, der nichts auf die Reihe bekommt und mit seinen Gedanken nur bei unnützen Sachen verweilt. Sachen, die den Leuten Spaß machen, aber nicht zu der Erhaltung der magischen Welt beitragen. Wie sehr habe ich mich gefreut, als ich feststellte, dass es sehr wohl Hexen und Zauberer gibt, die mich würdigten, als ich in die Sammlung der Schokofroschkarten aufgenommen wurde. Aber du hast mich traurig gemacht, als du mich genauso aussortiert hast, wie es schon so viele zuvor getan haben."
Hanna besah sich die Karte genauer. Berti wirkte wirklich enttäuscht, das Zwinkern und Glitzern war aus seinen Augen verschwunden. Jetzt sah sie nur noch einen mittelgroßen, braunäugigen Zauberer, der mit seinen wuscheligen braunschwarzen Haaren und dem bunten Umhang traurig zu ihr hinauf schaute. Vorsichtig nahm sie die Karte wieder hoch. "Entschuldigung", sagte sie, "ich wollte Sie wirklich nicht verletzen". "Das mag ja sein", antwortete er, "aber kannst du mich auch verstehen?" Langsam schüttelte Hanna den Kopf. Es war eine große Ehre überhaupt auf den Karten abgebildet zu werden und was hatte Berti Bott denn schon geleistet? Na, gut, er hatte die Bohnen erfunden, die eine beliebte Leckerei- und zu oft auch keine Leckerei- in der Zaubererwelt sind, aber im Vergleich zu anderen Zauberern?!
"Hast Du etwas Zeit? Ich will es Dir erklären", hörte sie die sanfte Stimme Bertis. Stumm nickte Hanna mit dem Kopf. "Gut, dann setz Dich hin, ich möchte dir meine Geschichte erzählen."

"Als ich ein Teenager war gab es in unserer Familie nicht sehr viel zu lachen. Wir hatten wenig Geld, es gab oft Streit und eines Tages wurde meine Mutter sehr krank. Wir haben sie zu vielen Heilern gebracht und es gab unterschiedliche Diagnosen. Viele verschiedene Medikamente und Tränke wurden ihr verabreicht, einige schlugen etwas an, andere nicht. Egal, was meine Mutter auch bekam, richtig gesund wurde sie nicht, es waren nur leichte Verbesserungen ihrer Leiden festzustellen. Sobald jedoch ein Leiden geringer wurde, verstärkte sich ein anderes. Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie schlimm das für uns alle war, besonders aber wir Kinder waren oft bedrückt."
"Das muss eine schreckliche Zeit für Euch gewesen sein", nickte Hanna.
"Das war es", erwiderte Berti. "Eines Tages, es war ein erster April, ging ich durch die Winkelgasse. Dort begegnete ich einem Zaubererpaar, das sichtlich Spaß hatte. Worüber sie lachten, wusste ich nicht, aber ich hörte den Mann sagen, er würde sich schon viel besser fühlen und dass Lachen die beste Medizin sei. Diese Worte gingen mir nicht aus dem Kopf. Wie ein Mantra wiederholte ich es immer wieder: Lachen ist die beste Medizin, Lachen ist die beste Medizin... Mit diesem neuen Gedanken kam ich schließlich zu Hause an. Ich wollte irgend etwas tun, damit meine Mutter mal wieder so richtig lachen konnte, aber wie stellt man so etwas an? Und es ging ja nicht nur darum, dass meine Mutter Spaß haben sollte, auch meine Geschwister wollte ich ein wenig aufheitern. Also begann ich, Streiche zu spielen. Ich dachte mir alles Mögliche aus, aber egal was ich tat: Niemals war es für die anderen lustig. Im Gegenteil, sie wirkten meistens genervt, sobald ich in ihre Nähe kam. Ich spürte, dass mir schon bald keiner mehr wirklich über den Weg traute, weil alle annahmen, dass ich wieder einen Streich spielen würde. Also gab ich nach vielen erfolglosen Versuchen, ein Lachen in meine Familie zu tragen, auf.
Eines Tages waren wir alle zu einer Feier eingeladen. Es war die Halloweenfeier eines Nachbarn und natürlich gab es dort ein großes Buffet. Die tollsten Leckereien gab es dort, unter anderem eine Fleischpastete. Meine Eltern nahmen davon. Verwundert stellte ich fest, dass meine Mutter anfing zu lachen, nachdem sie von der Fleischpastete gekostet hatte. Der Grund warum sie so lachte war, dass diese Fleischpastete zwar aussah, als sei sie eine Fleischpastete. In Wirklichkeit handelte es sich jedoch um einen Nachtisch - es war Vanillepudding. Als wir nach Hause gingen, vernahm ich noch, wie meine Eltern unserem Gastgeber zu der hervorragenden Idee gratulierten, die er gehabt hatte, als er ein Lebensmittel als etwas anderes erscheinen ließ, als es war. Ich freute mich sehr über diese Idee, hatte sie doch meine Mutter und die anderen Gäste zum Lachen gebracht. So lernte ich also, dass Fröhlichkeit und Lachen mit viel kleineren Dingen erfolgreicher erreicht werden können, als mit großen, ausgeklügelten Plänen.
Berti Botts Bohnen Lange Jahre dachte ich nicht mehr an diese Begebenheit. Inzwischen war ich ein ausgebildeter Zauberer und arbeitete in einem Süßwarenladen in der Nähe der Winkelgasse. Meine Eltern waren schon lange verstorben und viel Kontakt zu meinen Geschwistern hatte ich nicht. Eines Tages kam der Ladeninhaber zu mir und sagte, er müsse den Laden vielleicht bald schließen, denn es kämen immer weniger Kunden, nachdem der Honigtopf aus Hogsmeade eine Filiale in der Winkelgasse aufgemacht hatte. Der Honigtopf hatte einfach mehr an Süßwaren zu bieten als wir und vor allem war das Warenangebot dort so vielfältig und ideenreich, dass wir nicht mehr mithalten konnten. Zwei Monate später traf das Unvermeidliche ein - der Laden wurde geschlossen und ich war arbeitslos. Traurig lief ich durch Muggellondon und haderte mit meinem Schicksal. Plötzlich fand ich mich vor einem Muggel-Süßwarenladen wieder. Angezogen wurde ich von den vielfarbigen Toffeebohnen, die dort angeboten wurden. Die Muggel nannten sie "Jelly Beans" und ich bemerkte, dass sie unter den Muggeln sehr beliebt waren. Leider konnte ich mir nicht leisten welche von ihnen zu kaufen, schließlich war ich gerade arbeitslos geworden und musste mein Geld zusammenhalten, aber ich fragte ein Muggelmädchen, welches sich gerade diese "Jelly Bean" gekauft hatte, was das Besondere wäre, dass alle so verrückt danach sind. Sie antwortete mir, dass diese Jellys sehr lecker wären und jede Farbe anders schmecken würde. Dieser Gedanke ging mir nicht mehr aus dem Kopf. So etwas Ähnliches sollte es auch für die magischen Menschen geben, aber es sollte anders sein- irgendwie spezieller.
Nachdem ich zu Hause war holte ich meinen Kochkessel aus dem Regal und überlegte, wie diese außergewöhnliche Süßigkeit für die Magier wohl beschaffen sein sollte. Ich experimentierte mit den verschiedensten Zutaten und bald hatte ich ein Bonbon hergestellt, dass den Vergleich mit der Muggelsüßigkeit durchaus stand halten kann. Aber es gab noch nichts Besonderes an diesem Toffee. Sie waren den "Jelly Beans" ziemlich ähnlich, sahen fast so aus und ich hatte jeder Farbe eine besondere Geschmacksrichtung zugeteilt. Also eigentlich so, wie die Muggel es auch getan hatten, nur das die Inhaltsstoffe in meinen Toffees viel gesünder waren, denn ich habe natürlich mein Wissen über Zauberkräuter, Zaubersprüche und Zaubertränke einfließen lassen. So konnte ich die künstlichen Farbstoffe und die anderen künstlichen Zutaten entsprechend ersetzen. Doch was sollte es sein, dass diese Bonbons, die ich wie Bohnen hatte aussehen lassen, besonders machte?
Ich schlief einige Nächte über mein Problem. Dann dachte ich, ich sollte die Farben anders zuordnen. So habe ich dann zum Beispiel die Bohne in der Geschmacksrichtung Erdbeere gelb gefärbt und die Bananenbohne grün. Ich bot diese Süßigkeiten meinen Freunden an. Sie waren recht angetan davon und griffen reichlich zu. Einer meiner Freunde sagte jedoch, diese Toffees wären zwar recht lecker, aber doch irgendwie langweilig.
Das gab mir zu denken und so überlegte ich über einige Tage, wie ich den Toffees zu mehr "Pfiff" verhelfen könnte.
Als ich eines Morgens unter der Dusche stand, fiel mir plötzlich wieder die Situation auf der Halloweenfeier bei unserem Nachbarn ein und blitzartig wusste ich, was zu tun war. Das Langweilige war, dass jeder genau wusste, welchen Geschmack das Toffee, das er ausgesucht hat, haben würde. Also mussten die Toffees so beschaffen sein, dass die Farbe nicht immer unbedingt dem Geschmack entsprach. Und so rührte ich eine neue Grundmasse an und als es daran ging, dass die Toffees zu Bohnen geformt werden sollten, ließ ich die Geschmacksrichtung weg und sorgte nur dafür, dass sie weiterhin durch den Leuchtfarbenzauber schön bunt gefärbt waren. Den Geschmack sollten die Toffees durch eine Abwandlung des Gustuszaubers erhalten. Ich hatte fast eine Woche gebraucht, um diesen Zauber so zu kreieren, dass er verschiedene Geschmacksrichtungen zufällig verteilt. Nachdem ich die Toffees auf diese Art behandelt hatte probierte ich sie neugierig. Die erste, die ich nahm, war schlammgrün, aber sie schmeckte herrlich nach Zitrone. Die nächste war von einem kräftigen rot und schmeckte - nicht sehr überraschend - nach Erdbeere. Die nächste rote war eine Vanillebohne. Aber die vierte leuchtete in einem warmen gelb und als ich sie dann probierte, stellte ich zunächst entsetzt fest, dass sie nach Spinat schmeckte. Nachdem ich sie angeekelt in den Mülleimer gespuckt hatte, musste ich grinsen. Und wie schon einmal vor Jahren zog plötzlich wieder das Mantra durch meinen Kopf: Lachen ist die beste Medizin. Also ließ ich den Gustusabwandlungszauber so wie er war- nämlich, dass er jede, wirklich jede, Geschmacksrichtung in den Toffees zulässt. Na, ja, so ist sie halt entstanden, die BertiBottsBohne. Hast du jetzt verstanden, was das Besondere an dieser Süßigkeit ist?"

Lächelnd nickte Hanna: "Ja, zum einen bringt sie die Leute zum lachen. Zum anderen bringt sie Spannung mit, denn keiner weiß, was ihn genau erwartet, wenn er sie probiert. Aber das Wichtigste ist, dass durch diese Bohne ein wenig mehr Spaß in der Welt ist, sie ist also eine Kleinigkeit, die uns das Leben versüßt- und zwar in mehr als einer Hinsicht!" Und mit diesen Worten verteilte Hanna etwas Klebe auf die Rückseite der Berti-Karte und platzierte sie auf das Cover ihres Albums.

by Ginassevi

[top]