<<< vorhergehende Seite

Die Dursleys

Name eingeben

Wie alles begann...

"WAS IST DAS?", hallte eine laute, unangenehme Frauenstimme aus dem Flur durch das ganze Haus.
Onkel Vernon, zutiefst erschrocken über den Schrei seiner Frau, hastete zur Tür. "Was ist denn los, Petunia? Du wolltest doch nur eben die Flaschen vor die Tür stellen... Oh mein Gott!"
Nun hatte auch er das kleine Bündel bemerkt, dass vor ihm auf der Fußmatte seines Hauses lag: Es war ein Baby mit schwarzen Haaren und einer feinen, anscheinend noch jungen Narbe auf der Stirn, die eine außergewöhnliche Form hatte: Sie sah aus wie ein Blitz.
"Wer tut so was?", fragte Petunia mit bebender Stimme. Doch sie war weniger entsetzt darüber, dass jemand etwas so Schutzloses einfach bei jemandem vor die Tür gelegt hatte, sondern vielmehr, dass man es vor IHRE Tür gelegt hatte. "Was sollen wir denn jetzt tun? Was sollen nur die Nachbarn denken?"
"Besser wir holen es erst mal rein, damit es keiner sieht", antwortete Vernon seiner aufgebrachten Frau.
"Was ist das?", fragte Petunia und deutete auf den sorgfältig in einer feinen Handschrift beschriebenen Pergamentumschlag. Darauf stand:

Familie Dursley
Ligusterweg 4
Little Winging, Surrey

In der Küche wartete schon der Sohn der Dursleys, Dudley, auf seine Mutter. Da diese ihn im Moment total ignorierte, fing er an zu schreien, doch zu seiner Überraschung brachte ihm das heute gar nichts.
Onkel Vernon öffnete behutsam den Umschlag. In ihm lag ein fein säuberlich gefaltetes Stück Papier, das mit den folgenden Worten beschrieben war:

Dies ist Ihr Neffe Harry.
Petunia, er ist der Sohn Ihrer Schwester Lily, die am gestrigen Abend auf brutalste Weise den Tod gefunden hat, ebenso wie ihr Mann James.
Ich bitte Sie inständigst: sorgen Sie für Harry! Er hat schon genug erlitten in seinem noch so jungen Leben. Seine Gabe muss bewahrt werden. Nur bei Ihnen ist er sicher!
Sorgen Sie für ihn!

Hochachtungsvoll
Albus Dumbledore

"Niemals werde ich dieses Kind, dieses abnormale Wesen in meinem Haus aufnehmen!", schrie Vernon laut. Er wusste genau um die "Gabe" seiner verblichenen Schwägerin und nach allem, was ihm seine Frau über dieses "Zauberergesocks" erzählt hat, wollte er niemals in seinem Leben etwas mit einem von ihnen zu tun haben. "Wieso wussten wir nicht, dass deine Schwester ein... ein... einen Nachkommen hat?", fragte er Petunia anklagend, doch diese starrte nur bleich und mit leerem Blick auf die Fliesen.
"Niemals!", schrie Vernon noch einmal, "ich bringe ihn gleich ins Waisenhaus oder in die Irrenanstalt, wo er hingehört!"
Überrascht darüber, dass seine Frau noch immer nichts entgegnete, sagte er: "Jetzt sag doch auch mal was!"
"Wir können nicht...", sagte Petunia mit leiser, brüchiger Stimme.
"Was?" "Wir können ihn nicht in ein Waisenhaus geben...", sagte sie nun etwas klarer, aber immer noch leise.
"Willst du etwa sagen, du willst diesen Abkommen einer Abnormalen in unserem Haus mit unserem Kind aufwachsen lassen? Willst du mir sagen, dass du Gefühle für dieses abnorme Wesen hegst? WILLST DU DAS SAGEN?", schrie Vernon erzürnt.
"N..n..nein... natürlich nicht... aber...", antwortete Petunia, "Du kennst ihn nicht... Dumbledore... er ist mächtig, sehr mächtig sogar. Lilly hat mir von ihm erzählt. Er ist angeblich der mächtigste von allen da in deren Welt."
"Ja, in der Welt der Abnormalen", warf Vernon ein, doch seine Frau ignorierte diesen Kommentar.
"Vernon, ich weiß nicht wozu er fähig ist. Was wird er tun wenn wir seinen Brief ignorieren?"
"Das ist mir egal! Morgen bringe ich das... Kind... weg! Und damit Basta!"
Petunia wusste, dass ihr Mann keinen Wiederspruch dulden würde, also gab sie sich geschlagen. Sie selbst wollte das Kind ihrer Schwester nicht unter ihrem Dach haben, doch sie wusste natürlich von Dumbledore und sie ging an diesem Abend mit einem äußerst unguten Gefühl zu Bett.

die Familie Dursley Am nächsten morgen saß Vernon unübersehbar entschlossen am Küchentisch und beobachtete mit steifer Miene, wie Petunia die beiden Jungen versorgte. Es passte Dudley überhaupt nicht, seine Mutter teilen zu müssen und immer wenn sie nicht hinsah versuchte er Harry zu hauen oder ihm einen Tritt zu verpassen.
"Vernon...", fing sie zaghaft an - "Nichts da! Mein Entschluss steht fest. Er kommt weg", war die prompte Antwort, doch heute würde sich Petunia nicht so einfach geschlagen geben. Sie musste ihrem Mann einfach vor Dumbledore warnen.
"Ich will ihn ja auch nicht hier haben, aber Dumbledore hat bestimmt überall Leute, die aufpassen was wir tun. Er hat überall Spione, vielleicht eine dieser furchtbaren Kreaturen, von denen Lily mir als Kind immer erzählt hat!"
"Schauermärchen! Alles Schauermärchen, die dem Kopf einer Wahnsinnigen entsprungen sind. Du glaubst doch wohl nicht wirkl... was zur Hölle...", mitten im Satz rannte er zum Fenster uns sah hinaus. Auf dem gegenüberliegenden Garagendach saßen drei Eulen. Richtige Eulen und das hier in Little Winging!
Doch als sie ihn erblickten erhoben sich zwei und flogen davon. Die dritte machte keine Anstalten auch zu verschwinden, also schloss Vernon das Fenster und zog mit einem Ruck die Vorhänge zu.
"Ist wohl Vollmond", murmelte er, als er das erschrockene Gesicht seiner auf einmal ganz bleich gewordenen Frau sah.
Petunia bereitete weiter das Frühstück vor und Vernon war vertieft in seine Zeitung, so dass keiner von ihnen merkte, dass eine der beiden Eulen zurückkehrte.

Als alle Toasts gegessen und die Marmeladengläser wieder im Schrank verstaut waren, machte sich Vernon fertig, um zum Waisenhaus zu fahren. Seine Frau wollte gerade ebenfalls die Jacke anziehen, doch da sagte er: "Bleib du mal lieber hier bei Dudley. Ich mach das eben mal alleine."
Sie war nicht abgeneigt davon, ihren Mann nicht zu begleiten. Sie ging gerade zur Garderobe, als ein kleiner, roter Umschlag durch den Türschlitz glitt. Die dritte Eule war zurück gekehrt.
"Wer will denn schon am frühen morgen etwas von uns?!", murmelte Vernon verärgert und hob den Umschlag auf. Auch er war mit dieser feinen Handschrift beschrieben und auch auf ihm stand:

Familie Dursley
Ligusterweg 4
Little Winging, Surrey

Petunia wusste es sofort: Er konnte nur von Dumbledore sein.
Als er ihn öffnete, geschah etwas Merkwürdiges: Der Umschlag erwachte zum Leben, wurde seinen Händen entrissen, schwebte hoch und schrie ihm ins Gesicht.
Doch es war nicht Dumbledores Stimme, die ihnen entgegenschlug. Es war eine tiefere, bedrohlichere Stimme. Sie musste von einem kräftig gebauten Mann stammen...
Sie brüllte:

DURSLEY, DU MICKRIGER MUGGEL!
DU WIRST ES NICHT WAGEN HARRY WEGZUGEBEN!
WAGE ES NUR UND DU WIRST MICH KENNENLERNEN!

Als er fertig war mit seinem Geschrei, zerfetzte sich der Umschlag selbst und blieb fein säuberlich geschnipselt auf dem Boden des Flures liegen.
Es vergingen einige Minuten der Stille, denn selbst Dudley hatte seine Versuche, Harry mit Klötzchen zu bewerfen, kurzfristig unterbrochen und sah zu Tode erschreckt zu seinen Eltern.
Harry jedoch lag ruhig in dem Körbchen, in dem er am Vortag gefunden wurde und lächelte. Er schien genau zu wissen, dass ihm keine Gefahr drohte.
"Nun ja...", fing Vernon an, "vielleicht... vielleicht sollten wir ihn für eine Zeit hier behalten...". Der Schock war ihm deutlich anzumerken, denn diese Stimme, dieses Geschrei... diese Person würde keinen Widerspruch dulden.
Petunia nickte nur betäubt, ging in die Küche und fing an zu putzen.
Vernon folgte ihr. "Er könnte in dem Schrank unter der Treppe leben, das ist groß genug für ihn", verlautete er nun wieder gefasst.
"Dann bleibt er halt hier", sagte er noch einmal bestimmt, nahm seine Aktentasche und verließ das Haus, um zur Arbeit zu gehen. Dass er noch viel zu früh dran war, entging ihm völlig.
Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, ging Petunia zu dem Körbchen, in dem das kleine Baby lag, welches ihr so viel Kummer bereitete.
"Dann bleibst du eben hier", sagte sie leise. "Was werden nur die Nachbarn von uns halten?!"

by Ayana Miller

[top]