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"Nein Nicolas, nein! Andersrum! Den Schwung andersrum!"
Verzweifelt fuchtelte der Zauberer mit dem langen, ergrauenden Vollbart mit den Händen, um seinem Compagnon zu zeigen, was er meinte. Eine lustige Erscheinung war er, dieser Kerl in den weissen Tennisschuhen. Den grasgrünen Umhang hatte er bis über die Knie hochgerafft und mit einem Knoten fixiert, so dass er ihm mehr Beinfreiheit erlaubte. Hinter dem lockeren Gürtel steckte sein Bart, damit er ihm beim Wurf nicht in die Quere kam und auf seinem Kopf sass eine schreiend gelbe Schirmmütze mit dem Emblem der Wimbourner Wespen. Sein Kamerad hingegen, klein und wohlgerundet, die himmelblauen Socken über den Bowlingschuhen hochgezogen, schien sich keineswegs darum zu scheren, dass er Nicolas Flamel war, einer der berühmtesten aller Zauberer und seines Zeichens weltbekannter Alchimist; er war von Kopf bis Fuss angezogen wie ein Muggel. Die schrecklichen, blau gepunkteten Dinger, die er Shorts nannte, sahen aus wie Unterhosen und auf seinem Teeschört, das nur bis zu seiner Hüfte reichte, leuchtete ein unbewegliches Foto eines Muggelsängers.
Bina schüttelte den Kopf. Diese zwei waren das Seltsamste was sie in ihrer langen Zeit, in der sie die Bowlingbahn betrieb, je gesehen hatte. Mehr oder weniger regelmässig kamen Nicolas Flamel und Albus Dumbledore des Abends hereingeschneit, um sich beim Spiel zu vergnügen und einige Mass ihres weitum berühmten Kirschmets zu trinken.
Gerade versenkte Dumbledore mit einem gekonnten Wurf seiner Kugel, in die Mitte der Kegel, die sich alle Mühe gaben, ihrem Schicksal zu entkommen und auf alle Seiten davonstoben. Aber Dumbledores Kugel war schneller. Sie verfolgte die Kegel mit gekonnten Schlenkern und streifte sie alle im Vorbeirollen.
"Siehst du, was ich meine, Nicolas? Ganz locker aus der Hüfte heraus. Du bist viel zu verkrampft."
Seufzend schnappte sich Flamel seine Kugel, die eben über die Rutsche aus der Versenkung hochgerollt war und nun erwartungsvoll auf ihn zuhoppelte. Dumbledore währenddessen kam mit einem freundlichen Lächeln zur Bar und meinte leise: "Wenn Sie mich fragen, liebe Bina, so lernt er es nie." Bina, die an seiner Schulter vorbei seinen Partner beobachtete, konnte erkennen, wie dieser seiner Kugel, die eifrig in seiner Hand hin -und herrollte, etwas zuflüsterte.
Dumbledore tat zufrieden seufzend einen Zug an seinem Krug und sagte dann: "Wissen sie, seit so vielen Jahren spielen wir nun zusammen, und obwohl er doch wahrlich genug Zeit hat, um zu üben, sein Stil ist immer noch genau so schlecht wie damals, als er anfing."
In diesem Moment warf Flamel seine Kugel. Er bot wahrlich einen recht lächerlichen Anblick, wie er da einen Moment auf Zehenspitzen hüpfte, dann einen gewaltigen Sprung nach vorne machte und mit einer absonderlichen Bewegung, die wohl durch seinen etwas rundlichen Körperbau hervorgerufen wurde, die Kugel auf die Kegel zuschleuderte. Die Kegel, im Wissen, dass diese Kugel sie noch nie ernsthaft getroffen hatte, standen lässig auf ihren Plätzen. Einige schienen miteinander zu tuscheln, als die Kugel sich mit absonderlichen Sprüngen und Hopsern ihnen näherte. Aber dann geschah etwas, das Bina ein verstohlenes Lächeln aufs Gesicht trieb. Hinter Dumbledores Rücken verlangsamte die Kugel plötzlich, stoppte ihren Lauf vor der Kegelmenge und begann, eifrig auf diese einzureden. Sie sah, wie die Kegel verdutzt aufhorchten, die Köpfe zusammensteckten und sich schliesslich einverstanden zu erklären schienen. Und zu Dumbledores offensichtlichem Erstaunen klang im nächsten Augenblick das Geräusch vieler fallender Kegel durch die Halle.
Als Dumbledore sich überrascht umdrehte, lagen alle Kegel der Länge nach am Boden. Wie es ihre Art war, rollten sie dramatisch übereinander und veranstalteten eine Riesenszene. Jede einzelne schien sich in der Vorstellung zu wiegen, gerade in einer ehrenvollen Schlacht erschlagen worden zu sein.
"Ja aber... Das ist ja nicht zu fassen! Das war wohl ein Glücksschuss, was?" sagte Dumbledore vergnügt. Flamel strahlte und überreichte ihm mit einer kleinen Verbeugung seine Kugel. "Danke mein Lieber, danke. He, ihr da! Stillgestanden!" Unter grossem Lärm wuselten die Kegel durcheinander, um ihre Plätze einzunehmen. Dumbledore nahm Haltung an, schwang seine Kugel und rollte sie nach einem eleganten kleinen Anlauf mit Schwung auf die Kegel zu. Wie üblich versuchten sie sich in Ausweichmanövern und bogen sich alle zur Seite, um der Kugel zu entgehen - und dieses Mal klappte es. Die Kugel blieb stur auf ihrem Kurs und rollte mitten durch die Gasse, die die Kegel freigemacht hatten - ohne auch nur einen einzigen von ihnen zu berühren.
"Na was ist denn da los?" Jetzt klang Dumbledores Stimme nicht mehr ganz so belustigt. Das war ihm ja wirklich noch nie passiert, dem armen Kerl. Ratlos blickte er auf die stramm stehenden, kichernden Kegel und dann auf den unschuldig dreinblickenden Nicolas Flamel.
"Tja, mein Lieber, Pech kann jeder einmal haben", sagte dieser tröstend und griff sich seine Kugel. Dieses Mal blieb Dumbledore stehen, um den Wurf seines Freundes zu begutachten, der so schlecht wie immer ausfiel. Die Kugel holperte und polterte in grossen Zickzacksprüngen die Bahn hinunter und konnte immer nur knapp verhindern, dass sie vom Kurs abkam. Tapfer hielt sie auf die Menge der Kegel zu, die aufgeregt auf -und abhüpften. Und dann geschah das Unglaubliche. Die Kugel erreichte die Kegel, rollte durch sie hindurch und sie alle, alle fielen um wie vom Blitz getroffen.
Dumbledore kratzte sich an seiner krummen Nase. "Das grenzt ja an Zauberei!"
Und so ging es den ganzen Abend weiter. Dumbledores Kugel schien einfach keine rechte Lust mehr zu haben. Sie war zu wenig schnell und machte sich nicht die Mühe, ausweichenden Kegeln zu folgen. Flamels Kugel rollte schlecht und recht wie immer, jedoch schienen die Kegel nur schon bei ihrem Anblick umzufallen.
Vor den Fenstern war es schon stockdunkel und alle anderen Spieler oder Gäste hatten "Binas bombastische Bowlingbar" längst mit fröhlichen Gutenachtwünschen verlassen, als es Dumbledore schliesslich aufgab und Bina und Flamel ein letztes Mass spendierte.
"Tja", meinte Flamel im Hinausgehen hinter vorgehaltener Hand und augenzwinkernd zu Bina. "Können ist nicht alles. Manchmal muss man auch seine Beziehungen spielen lassen."
Bina hätte schwören können, dass Dumbledores Kugel in seiner Tasche vergnügt kicherte.
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