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Fürsorge

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Der Anstoß

Es war ein Tag wie jeder andere. Perenelle und ich gingen, nachdem wir den Laden abgeschlossen hatten, spazieren, um über unsere derzeitige finanzielle Situation zu sprechen. Wir hatten zum Glück keine großen Geldsorgen, doch wir wollten mit unserem Geld auf keinen Fall verschwenderisch umgehen.
Die Straßen von Paris waren damals alles andere als sauber und so hörte man jeden Tag von neuen, unheilbaren Krankheiten, die die Armenviertel befielen. So mieden wir deshalb bewusst die Straßen dorthin, ohne zu wissen, dass das Schicksal anderes mit uns vorhatte. Gerade durchquerten wir eine menschenleere Gasse, als man das Weinen eines Kindes vernehmen konnte. Ich sah mich um, und da entdeckte ich neben einem alten, verschimmelten Holzfass einen kleinen Jungen, der sein Gesicht verdeckte und laut schluchzte. Perenelle bückte sich zu ihm hinunter und fragte liebevoll: "Was ist mit dir Junge, hast du dich verlaufen?"
Der Junge schüttelte nur den Kopf und begann noch lauter zu schluchzen. Langsam senkte er seine Hände. Was man dann sehen konnte, ließ einem das Blut in den Adern gefrieren. Sein Gesicht war übersät mit roten großen Pusteln, die meisten waren verkrustet oder bluteten.
Perenelle wich entsetzt vor dem Jungen zurück, sie stolperte, konnte aber gerade noch ihr Gleichgewicht wieder finden, bevor sie zu Boden stürzte. Der Junge schien von dieser Reaktion keineswegs überrascht oder wütend zu sein, sondern starrte nur traurig ins Leere. Ich hatte Mitleid mit dem Kind und so fragte ich: "Wo sind den deine Eltern? Wissen sie das du krank bist?"
Der Junge begann erneut zu schluchzen. Leise und mit einer unnatürlich hoher Stimme sagte er: "Sie haben mich weggeschickt. Sie sagen, ich bringe den Tod genau wie meine Schwester."
Man hörte die Bitterkeit in seiner Stimme deutlich heraus, doch ich ließ mich davon nicht abschrecken. "Was ist mit deiner Schwester passiert, Junge?", fragte ich so gefasst wie möglich.
"Sie kam mit dieser Krankheit nach Hause doch niemand bemerkte es. Als sie starb, war es schon zu spät und zu mir und zu den anderen Kindern war die Krankheit auch gekommen."

Auch Perenelle war sichtbar getroffen von dem Schicksal des Kindes, doch wir konnten nichts tun. Wir hatten weder die Kenntnisse noch das Wissen um eine solch schwere Krankheit zu heilen. Perenelle fragte den Jungen vorsichtig: "Wieso gehst du nicht in ein Krankenhaus und lässt dich dort gesund pflegen?"
Der Junge schien beinahe belustigt von der Vorstellung und sprach: "Krankenhaus, Madame? Es gibt nur wenige Krankenhäuser in Paris und selbst dort wird uns der Zutritt verweigert. Uns niederen Leuten ist es nicht erlaubt in Krankenhäuser zu gehen. Ihr habt Glück, dass ihr nicht zu uns gehört."
Der kleine Junge stand auf, verbeugte sich und huschte lautlos um die nächsten Ecke davon.
Alchemie Perenelle und ich waren geschockt von diesem Erlebnis und wir sprachen kein Wort, bis wir zum Abendbrot beisammen saßen und keiner auch nur einen Bissen hinunter brachte.
"Dieses arme Kind", begann Perenelle und ich sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. "Warum ist das Schicksal nur so grausam, Nicolas, warum nur?"
Ich sah Tränen an ihrer Wange hinunter rollen und wusste nicht, was ich tun sollte. Auch mir war der Junge nicht mehr aus dem Kopf gegangen und Perenelle sprach nur das aus, was auch ich dachte.
"Ich weiß es wirklich nicht Perenelle. Wenn wir nur genug Geld hätten, so könnten wir dem Jungen und seiner Familie helfen. Aber die Krankenhäuser sind teuer und besonders zu dieser Zeit bekommt man selten einen Platz dort."
Wir beide taten in dieser Nacht kein Auge zu, doch wir kamen trotzdem zu keiner Lösung. Eines schworen wir uns allerdings: Wir würden sobald wir die Möglichkeit dazu bekommen würden, diesen Leuten helfen, komme was wolle.

by mooney

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