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Hell schien die Sonne in das kunterbunte Zimmer. Die Wände waren frisch in einem zarten Gelb gestrichen und auf dem Boden war ein grasgrüner Teppich, der nach Wiese roch, verlegt worden. Der Rest des Raumes war noch etwas provisorisch eingerichtet, aber es war bereits zu erkennen, dass es ein Kinderzimmer sein sollte. Die Decke war so verhext, dass sie wenn es dunkel wurde einen lauen Sommernachtshimmel zeigte. Der Schreibtisch stand noch in Einzelteilen im Raum, aber das war Liz egal, denn das Wichtigste war ja da: Ihre Spielsachen.
Um sechs rief ihre Mutter zum Essen. Widerwillig räumte sie auf Befehl ihres Vaters die Sachen weg und folgte ihm dann nach unten. Sie waren erst vor Kurzem in das Haus eingezogen.
Die Kleine kletterte auf ihren Stuhl und wartete, bis ihre Mutter sich auch gesetzt hatte.
"Na Große, bist du schon aufgeregt? Morgen ist dein erster Tag im Zauberer-Kindergarten!"
Das Mädchen nickte heftig auf die Frage ihres Vaters und setzte ein träumerisches Lächeln auf. Aber als sie den Rosenkohl sah, verzog sie angewidert das Gesicht. Dies war nicht die Art Gemüse, die sie bevorzugte.
Das Geschirr war weggeräumt und die Familie machte es sich noch ein wenig auf der nigelnagelneuen Couch bequem. Bald fielen Liz langsam immer wieder die Augen zu, und sie konnte sich nur noch mit Gewalt konnte wach halten. Doch dann sprach ihre Mutter ein Machtwort und schickte sie ins Bad.
Zähneputzen und Hände waschen, nein, das mochte Liz nicht.
"Mum ließt du mir noch was vor?" Und sie rieb sich die tränenden Augen.
"Nein, Kleine heute nicht mehr!". Die dunkelhaarige Frau küsste ihre Tochter noch auf die Stirn und löschte das Licht.
"Liz, Lizzy!!" Schallte es durch das Haus. "Elizabeth Green, würdest du dich jetzt bitte beeilen?!" Ihre Mutter hatte es eilig, denn sie musste zur Arbeit.
Die Kleine schnappte sich ihren Rucksack mit dem Pausenbrot darin. Ihre Mum stand bereits draußen und winkte nach dem Fahrenden Ritter.
"Ich hoffe, dass unser Kamin bald an das Netzwerk angeschlossen wird!" Seufzte die Hexe, als sie auf ihre Tochter wartete.
"Da bist du ja endlich! Na komm, steig ein!" Die Mutter zahlte den Fahrpreis von 11 Sickel. Zum Glück waren Kinder unter sieben frei.
Im Eiltempo wurde Liz abgeladen, weswegen die Kleine auch eine Schnute zog.
"Dein Vater holt dich um vier ab!" Ein Küsschen später ploppte es und die junge Mutter war verschwunden.
Da stand das Mädchen nun, wurde aber sogleich von einer Betreuerin herzlich in Empfang genommen und in den morgendlichen Zauberkreis geführt. Später spielte sie mit einem Mädchen, das ebenso blonde Locken hatte, wie sie selbst. Immer wieder starrte sie auf die Uhr, denn ihr Vater hatte ihr erklärt, wann vier Uhr war.
Dreiviertel Vier. Die Türe zum Gruppenzimmer schwang auf. Ein trat ein blondgelockter Mann und wurde von seiner Tochter freudestrahlend begrüßt.
"Daddy!" Trällerte Liz und sprang ihrem Vater in die Arme.
"Na meine Große, wollen wir los?" Das ließ sich das Mädchen nicht zweimal sagen und schnappte sich ihren Rucksack.
"Urks!" Auch das Apparieren gehörte zu den Dingen die sie nicht mochte. Allein schon das grausige Gefühl durch einen engen Gummischlauch gepresst zu werden, war widerlich.
Ihr Papa lächelte, als er das missbilligende Gesicht von Elizabeth sah.
"Ab morgen sind wir ans Flohnetzwerk angeschlossen. Dann müssen wir nicht mehr ploppen!" Liebevoll strich er über ihren blonden Lockkopf.
Schnell feuerte die Kleine ihre Jacke und die Kindergartentasche in die Ecke und lief nach oben in ihr Zimmer. Kopfschüttelnd sah Haydn seiner Tochter nach. Die ist schon genauso wie ihre Mutter! dachte er. Und als ob man vom Teufel gesprochen hätte, stand seine Frau in der Türe.
"Hallo Schatz, weißt du eigentlich wie ähnlich Liz dir ist?"
Mit hochgezogenen Brauen sah Claire ihren Mann an.
"Sie hat die gleiche Abneigung gegen das Apparieren wie du!"
Er wollte zu einem weiteren Satz ansetzen, als es schon von Weitem "Mammi!" Gellte.
"So ich mach mich jetzt auf den Weg in die Winkelgasse! Ich bin in einer halben Stunde wieder da!" Sagte er, da er merkte, dass er hier jetzt etwas überflüssig war.
Schnell küsste er seine Frau und hatte schon die Türklinke in der Hand als ihm Liz am Umhang zog.
"Ich will mitkommen!" Die blauen Kulleraugen sahen ihn bettelnd an.
"Wie heißt das Lizzy?" Haydn zog eine Augenraue nach oben und verkniff sich einen Lachen.
"Bitte!" Das Blau der Augen leuchtete noch mehr und sie klimperte wie ihre Mutter mit den Wimpern. Innerlich zuckte er zusammen. Oh mein Gott, wie wird das erst in ein paar Jahren aussehen? Der Gedanke an seine pubertierende Tochter erschreckte ihn auf eine gewisse Weise.
"Na, dann zieh dir deinen Umhang an und komm!"
Freudestrahlend schnappte sie die Kleine ihre Sachen und griff dann nach der Hand ihres Vaters.
"Gut festhalten, Große!" Er drehte sich auf dem Absatz und dann waren die beiden schon verschwunden.
Zum Glück ließ das ekelhafte Gefühl bald nach und als Liz die Augen erneut öffnete, stand sie mitten in einer belebten Straße.
Zügig bugsierte sie ihr Vater durch die Menschenmenge, geradewegs in einen kleinen Laden.
Die Türglocke schellte und die beiden traten ein.
Das Geschäft war völlig überfüllt und Haydn hatte große Mühe Liz nicht in dem Getümmel zu verlieren. Nachdem sie sich zum Regal mit Flohpulver durchgekämpft und die lange Kassenschlange hinter sich gebracht hatten, traten sie wieder nach draußen auf die Straße.
"Komm Große, ab nach Hause!" Sein Blick wanderte nach unter, aber Liz, war nicht da. Hastig stürzte Haydn in den Laden zurück und rief nach seiner Tochter, aber er fand sie nicht.
Panik kroch in seinem Nacken hoch. Er drückte sie durch die Menge von Hexen und Zaubern. Verzweifelt hielt er nach seiner Tochter Ausschau und raufte sich die blonden Locken. Plötzlich zog etwas an seinem Umhang.
"Daddy schau mal!" Liz stand hinter ihm und lächelte ihn an.
"Elizabeth Green, was fällt dir ein einfach weg zu laufen!" Er war außer sich, natürlich war er erleichtert, aber Haydn war momentan zu sauer auf seine Kleine.
Unsanft packte er sie am Umhang und rauschte aus dem Laden. Ohne auf das Geschrei von Liz zu hören apparierte er direkt nach Hause. Dort schickte er sie umgehend in ihr Zimmer und ließ sich dann erschöpft auf die Couch fallen.
"Was war denn los?" Claire hatte das Gezeter gehört und dann ihrer Tochter verwundert nachgesehen, wie sie mit hängendem Kopf ins Kinderzimmer schlich.
Mit bebender Stimmer erzählte Haydn seiner Frau von dem Vorfall in der Winkelgasse.
"Ach Schatz! Hast du ihr wenigstens erklärt, warum du sie so angefahren hast?"
Betrübt schüttelte er den Kopf, Claire sah, dass es ihm leid tat und schickte ihn nach oben, um Liz zu holen.
Er kam sich etwas dumm vor, sich bei einer vier Jährigen zu entschuldigen, aber er musste sich eingestehen, dass sein Verhalten nicht richtig gewesen war.
Elizabeths Augen waten noch immer rotverheult, aber ein kleines Lächeln huschte schon wieder über ihr Gesicht.
Als die kleine Familie dann gemeinsam am Tisch saß, brachte Claire das Gespräch schnell auf den Grund des ganzen Durcheinanders.
"Und, hast du das Flohpulver bekommen?" fragte sie und drehte eine Nudel auf ihre Gabel.
"Ja, das Zeug ist gar nicht so billig! Ein halbes Kilo kostet 15 Sickel!"
Die kleine Hexe saß auf ihrem Stuhl und sah zwischen ihren Eltern hin und her.
"Für was ist das Floh....Dingsda?" brach es aus ihr heraus, als sie ihre Neugier nicht mehr zurückhalten konnte.
"Flohpulver! Das brauchen wir ab morgen, damit wir durch das Feuer reisen können!" Noch immer schien ein großes Fragezeichen über Lizs Kopf zu schweben.
"Warte bis morgen und dann weißt du was wir meinen!" Rettete Claire die Situation, denn momentan war ihre Tochter in der "Wie, Wo, Was, Warum"-Phase und somit bewahrte sie ihren Mann vor lästigen Fragen.
Der kleine Frechdachs zog eine beleidigte Schnute und setzte sich an den Tisch.
Aber als ihr Mutter Kesselkuchen zum Nachtisch hinstellte, hellte sich ihre Laune wieder auf. Somit waren auch die Nudeln mit pinkfarbenem Spinat wett gemacht.
Um sieben war für Liz Schlafenszeit und ausnahmsweise schlüpfte sie ohne Murren unter die Decke.
Am nächsten Morgen brach wieder das selbe Chaos aus und wieder wurde Liz eilig im Zaubererkindergarten abgeladen. Gelangweilt wartete sie auf ihren Vater. Irgendwie fand sie die anderen Kinder doof. Pünktlich mit dem Glockenschlag war ihr Haydn zur Stelle.
"So Große, heute benutzen wir den Kamin nach Hause!"
"Den Kamin?" Aber noch bevor sie weitere Fragen stellen konnte, hatte sie ihr Vater hochgehoben und eine Prise eines glitzernden Pulvers in die Flammen geworfen, die sogleich grün aufzüngelten.
Ein grosses Geschrei brach los, als Haydn in das Feuer stieg. Das Seufzen konnte er sich nicht verkneifen, dann aber sprach er laut und deutlich:
"Green´s Estate!"
Plötzlich drehte sich alles um Liz herum, sie rotierte durch einen Wirbel aus Farben. Ab und zu sah sie fremde Wohnzimmer neben sich aufblitzen. Und dann war es vorbei. Hustend und mit Asche bekleckert purzelte sie in das Wohnzimmer ihres Hauses.
Sie hatte einen Drehwurm und taumelte bis, sie schließlich auf dem Hosenboden landete. Im Gegensatz zu dem Mädchen schritt ihr Vater elegant aus den grünen Flammen.
Mit einem Ruck stellte er die Kleine auf ihre wackligen Beine und sah sie prüfend an.
"Alles in Ordnung bei dir?"
Ihre Augen tränten, weil sie Staub hineingekommen war, aber als sie den Blick hob, strahlte ihr kleines Gesicht.
"Noch mal! Daddy! Noch mal!" Und sie sprang auf und ab wie ein Gummiball.
"Nein Liz, morgen wieder!"
"Aber, bitte Daddy!" Zum Glück konnte Haydn mittlerweile dem treuherzigen Blick seiner Tochter widerstehen.
"BITTE!" Langsam wurde das Mädchen ungehalten, als ihr Vater wieder den Kopf schüttelte.
"DADDY!" Brüllte sie und ballte die kleinen Hände zu Fäusten. Dadurch erhielt sie erst recht eine Absage. Sie wollte nach oben in ihr Zimmer stürmen, aber "Daddy" hielt sie an dem Kinderumhang fest.
"Stop, hier geblieben! So rennst du mir nicht durchs Haus! Sonst reißt mir deine Mutter den Kopf ab!" Er zückte seinen Zauberstab und schnippte kurz damit.
Ratzeputz - und mit einem Wusch war das Mädchen von Asche und Ruß befreit.
"So jetzt kannst du gehen!" Mit einem Klaps auf die Schulter schickte er die Kleine los.
"Deine Mutter kommt heute erst später! Ich mach uns derweil etwas zum Essen!"
Schloss er, aber da Liz war längst die Treppe hochgerauscht.
Als es für Elizabeth schon Zeit war, ins Bett zu gehen, stieg Claire abgekämpft aus dem Kamin. Hunger hatte die junge Mutter keinen, und so ließ sie sich auf die rote Couch fallen. Mit einem Satz sprang das Mädchen auf das Sofa und erzählte mit leuchtenden Augen vom Kindergarten und ihrer ersten Reise mit Flohpulver.
Plötzlich stockte Liz und sah ihre Mutter fragend an.
"Mammi, sag mal wie nennt man das, was wir mit dem Kamin tun? Flohen oder Verpulvern wir?" Mit kindlicher Unschuld, legte sie den Kopf schief und wartete auf eine Antwort, aber Claire prustete los.
"Liz, lass das mit den flohen ja keinen hören, am Ende glauben die Leute noch wir hätten Flöhe." Vor Lachen hielt sie sich die Seite.
"Und Verpulvern tut deine Mutter bloß unser Geld!" Schaltete sich Haydn ein und grinste herausfordernd. Seine Frau wollte schon zum Gegenschlag ausholen, aber ihr Mann hatte sie längst geküsst. Kurz sah er auf.
"Und du, junge Dame, ab ins Bett mit dir!"
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