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Professor Filius Flitwick

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Eine Episode aus Professor Flitwicks Schulzeit

"FLITWICK!!!" Die donnernde Stimme liess die ganze Klasse ruckartig die Köpfe hochreissen. In der nächsten Sekunde wandten sich aller Augen nach der hintersten Bankreihe. Der angesprochene Schüler bemühte sich, ein aufmerksames Gesicht zu machen.
"Ja Professor?" quiekte er mit seiner hohen, dünnen Stimme. Die Klasse kicherte.
Der Zauberer, der mit in die Hüften gestemmten Fäusten vor dem Lehrerpult stand, funkelte ihn verärgert an.
"Flitwick, was glauben Sie, was wir hier tun?", fragte er gefährlich ruhig.
"Z-zauberkunst, Professor Krege..." piepste Flitwick.
"Genau!" Professor Krege liess seinen Zauberstab vorschnellen als wolle er den kleinen Schüler in der hintersten Reihe aufspiessen.
"Und was, glauben Sie, ist DAS da?" Ein kleiner Schlenker mit dem Zauberstab, und unter Flitwicks Bank schwebte ein Stapel handbeschriebener Pergamente hervor. Er versuchte noch, unauffällig nach ihnen zu haschen, aber sie entwischten ihm und waren bald ausser Reichweite seiner kurzen Arme. Professor Krege fing das Blätterbündel geschickt auf und hielt es anklagend vor sich hoch.
Professor Flitwick "Nun? Ich erwarte eine Antwort."
Flitwicks kleines Gesicht lief vom Hals bis über die Ohren puterrot an. "Ich... ich..." stammelte er und blickte sich in der Klasse um, als suche er verzweifelt nach einer Antwort, die ihm entwischt war. Aber der Lehrer für Zauberkunst winkte ungeduldig ab.
"Das werden wir ja gleich haben." Er glättete die Pergamente und begann, laut zu lesen. "Einfache Verwandlungen - Repetition. Erstens: Mäuse, Teetassen und anderer Kleinkram. Ja Himmeldonnerwetternochmal, Flitwick!" Er richtete seinen tadelnden Blick erneut auf den Schüler, der über seiner Bank zusammengesunken war und sich so klein wie möglich zu machen versuchte, was ihn fast vollständig hinter der Tischplatte verschwinden liess.
"Verwandlungsnotizen! In meinem Unterricht! Flitwick, nur weil Sie ein guter Schüler sind bedeutet das noch lange nicht, dass Sie sich in meinen Stunden alles erlauben können! Man sollte doch meinen, ein Siebtklässler wäre vernünftiger.", donnerte Professor Krege los.
"Ja, Professor." piepste Flitwick.
"Ja, Professor, ja, Professor." Der Lehrer für Zauberkunst war ausser sich. "Das wird nicht genügen, mein Lieber. Strafstunde! Morgen Abend melden sie sich in Filchs Büro."
Jetzt waren wirklich nur noch Flitwicks Nasenspitze und sein blonder, wuscheliger Haarschopf zu sehen, und das "Ja, Professor" hallte dumpf unter der Tischplatte hervor. Zum Glück schrillte in diesem Moment die Pausenglocke und beendete seine Qual.

"Was hast du dir denn dabei gedacht?" Angela Johansson schüttelte mit besorgter Miene den Kopf. "Lesen unter der Bank in Kreges Unterricht. Ich fass es nicht."
Filius Flitwick, der sich der Ecke eines Ohrensessels zusammengekauert hatte und dabei so winzig wirkte, als ob er jeden Augenblick zwischen den Kissen versinken könnte, runzelte die Stirn.
"Ich weiss, ich weiss. Aber ich muss diesen Stoff lernen. Du weißt, dass man für das Studium der Zauberkunst auch gute Verwandlungsnoten braucht."
"Und in Verwandlung bist du ne echte Niete. Schon klar." Sein bester Freund Martin stupste Angela zur Seite, um sich neben ihr auf ihren Sessel zu zwängen.
Flitwick seufzte. "Allerdings. Ich habe die Theorie immer und immer wieder gelesen. Ich kann alles auswendig. Aber es nützt nichts. Die Zauber klappen einfach nicht."
"Ich glaube, das kommt davon, dass du dich zu wenig konzentrierst.", mutmasste Angela.
"Vielleicht", sinnierte Martin, "hast du einfach zu viel Schiss, dass es nicht klappen könnte."
Flitwick schüttelte mit trauriger Miene den Kopf. "Was auch immer es ist: Ich muss es bis zu den UTZ-Prüfungen aus der Welt geschafft haben."
"Vielleicht übst du einfach ein bisschen mehr, statt Theorie zu pauken, die du ja doch schon kannst", schlug Angela vor. "Ich übe gern ein bisschen mit dir. Wirklich schlecht bin ich ja nicht in Verwandlung."
"Das wäre sehr nett von dir, Angela." Flitwick lächelte sie schüchtern an.
In diesem Moment brach im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws ein Tumult los. Erschrocken zuckten die drei Freunde zusammen und wandten die Köpfe, um nach der Ursache des Lärms zu forschen. In der Nähe der Bücherwand stand Thomas Podmore, ein kräftiger Viertklässler mit einem Gesicht voller Sommersprossen. Er machte eine ziemlich ratlose Miene und hielt Unterteil und Deckel einer Pappschachtel in den erschlafften Händen.
"Was?" Schrie einer seiner Klassenkameraden gerade. "Sie ist fort?"
"Was ist los?"
"Was ist passiert?" Aufgeregte und ängstliche Fragen kamen aus allen Ecken des Gemeinschaftsraumes.
"Er hat seine Tarantel entwischen lassen!" Schrie Thomas' Freund. "Es tut mir schrecklich leid.", meinte Thomas nun verschüchtert. Angst klang in seiner Stimme mit. "Sie hat ihre Giftzähne noch nicht gezogen gekriegt..."
Vielstimmiges Kreischen erhob sich. Schüler an allen Ecken und Enden sprangen von ihren Sesseln auf, als hätten sie sich daran verbrannt.
"Das gibt's doch nicht!", schrie einer.
"Sie muss hier drin sein. Weit ist sie bestimmt nicht gekommen.", versuchte Thomas zu beschwichtigen, erreichte damit aber nur, dass viele kleinere Schüler fluchtartig den Raum verliessen.
"Den Acciospruch. Schnell!", drängte sein Kamerad. Thomas legte umständlich die Schachtel beiseite und zog seinen Zauberstab aus der Hosentasche. Unschlüssig hob er ihn hoch und öffnete den Mund, besann sich dann aber und drehte sich zu seinem Freund um. "Aber... Dann fliegt sie ja direkt zu mir.", gab er zu bedenken. "Und..." Er schwenkte hilflos die Arme.
"Kann ich vielleicht helfen?" Fragte Flitwick mit schüchterner Stimme. "Ich... weiss nicht, ob es funktioniert, aber eigentlich..." Er nahm den unteren Teil der Schachtel in die linke und seinen Zauberstab in die rechte Hand. Dann klopfte er damit sanft auf den Schachtelrand und sagte mit leiser Stimme: "Accio Insasse!"
Von irgendwo hinter dem Bücherbord an der Wand kam ein raschelndes Geräusch und dann, unter dem erschrockenen Kreischen und Zurückweichen der Umstehenden, sauste ein faustgrosses Etwas mit langen, zappelnden Beinen durch die Luft und direkt in die Schachtel hinein. Schnell schloss Flitwick den Deckel über dem verdutzten Tier.
"So", meinte er schüchtern. "Hier ist sie wieder."
"Oh", stammelte Thomas. "Vielen Dank. Vielen vielen Dank!" Er drückte die Schachtel fest an sich und strahlte den Helfer an. Allgemeiner Jubel durchbrach die Stille.
"Super! Einfach super!", lobte Martin. "Du solltest das beruflich machen."
"Was denn? Tarantel-Wieder-Einsperrer?", fiel Angela bissig ein und klopfte Flitwick auf die Schulter. "Nee, du solltest Lehrer für Zauberkunst werden. Das wär vielleicht toll!", meinte sie strahlend.
"Ach, ich weiss nicht.", stammelte Flitwick. "Aufmerksamkeit von so vielen Leuten macht mich immer ganz nervös."
"Oh, wenn du Lehrer wirst, dann lass mich dir eines versichern", feixte Martin. "Du wirst niemals weniger beachtet werden als in diesem Beruf."

by yaga

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